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1 Jahr Solidarität

Darmstadt, 10. Juni 2023. „Ein bewegendes Dokument, aus dem nachfolgende Generationen etwas über unsere heutige Zeit lernen können“, nennt Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch das soeben erschienene Buch „Ein Jahr Solidarität mit der Ukraine in Darmstadt“, dessen Herausgeber der Magistrat der Stadt Darmstadt ist. PDUM hat daran mitgewirkt.

Schon das Titelbild ist ein echter Hingucker: Viele Menschen halten eine scheinbar endlos lange ukrainische Fahne, die wie ein Teppich vor dem Landesmuseum ausgerollt erscheint. Links daneben bläht der Wind eine Europa-Flagge auf. Entstanden ist das Foto am Europa-Wochenende 2022 bei strahlendem Sonnenschein. Schnell fand es im Redaktionsteam Zustimmung. Doch später kamen Bedenken: Wirkt es nicht zu lebensfroh? Es ist doch Krieg. Mit modernen Gestaltungstools griff die Grafikerin ein und verhalf dem strahlend blauen Himmel zu einer dezent dunkleren Tönung. Perfekt.

Der Titel kündigt an, wovon das reich bebilderte Buch voll ist. Es geht um den Krieg, um Leid, Angst und Trauer, es geht aber auch um Hoffnung, um Hilfe, eben um Solidarität. Zwölf Kapitel dokumentieren die Friedenskundgebungen, die seit dem russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 Samstag für Samstag bei Wind und Wetter zumeist auf dem Darmstädter Friedensplatz stattfinden. Ukrainerinnen und Ukrainer treffen sich hier mit ihren deutschen Freunden, auch Politiker sind dabei. Wechselnde Rednerinnen und Redner stellen die russische Aggression an den Pranger, erzählen traurige Geschichten vom Kriegsgeschehen, Singer-Songwriterin Yuliia stimmt Durchhalteparolen an, zum Schluss stärkt die ukrainische Nationalhymne das Gemeinschaftsgefühl: Slava Ukraiini, Ruhm der Ukraine, wir werden siegen!

Die Stimmung dieser Kundgebungen lebt in dem Buch noch einmal auf. Zwölf Monate ziehen vorüber, Auszüge aus den Reden werden wiedergegeben. Auf den vielen, oft großformatigen Fotos sieht man Menschen, die gekommen sind, aus persönlicher Betroffenheit, oder um ihre Solidarität zu bekunden, Erwachsene und Kinder. Warme Mäntel tragen sie im Winter, leichte Shirts im Sommer, viele halten blau-gelbe Fähnchen in der Hand, einige hüllen sich in ukrainische Fahnen. „Stop War!“ ist auf Schildern zu lesen.

Neben den Kundgebungen liegt die Stärke des Buches in weiteren Rubriken, die das Geschehen auf dem Friedensplatz umranken. So waren Redaktionsmitglieder ausgezogen, um Geflüchtete zu interviewen und Gastgeber zu befragen. Sie trafen unter anderen den gebürtigen Georgier Iraklii. Als der Krieg ausbrach, liefen ihm die Tränen, und er wusste: „Wir müssen auf der Stelle raus.“ Geschwind wurde gepackt und nur das Nötigste. Schnell ins Auto, die Zeit läuft. „Überall brach Panik aus. Ich fing an zu beten.“ An der Grenze wurden die Männer unter 60 Jahren bereits zurückgehalten. Iraklii, Vater von drei Kindern, durfte ausreisen. In Darmstadt angekommen, kam die Familie bei seinem Neffen unter. Voll Dankbarkeit macht Iraklii sich in der Stadt nützlich: „Ich will etwas zurückgeben.“

Ein paar Seiten weiter nehmen wir Anteil am Wechselbad der Gefühle von Maryna, die nach ihrer hastigen Flucht mit Tochter Sophia von einer hilfsbereiten Familie in Roßdorf bei Darmstadt aufgenommen wurde. Gemeinsam verbrachte die deutsch-ukrainische Wohngemeinschaft die Ferien in Frankreich. Maryna genoss einerseits das unbeschwerte Leben am Meer, hatte aber gleichzeitig ein schlechtes Gewissen und war traurig darüber, von ihren Lieben daheim getrennt zu sein. Im Oktober stand der Entschluss fest: Mutter und Tochter kehrten in ihre Heimatstadt Saporischschja zurück. Maryna glaubt an die Fügung: „Wenn es unser Schicksal ist zu überleben, dann werden wir es auch hier in der Ukraine schaffen. Wenn nicht, sterbe ich in meinem Heimatland im Kreis meiner Familie.“

Vor allem den ukrainischen Redaktionsmitgliedern, ob geflüchtet oder schon länger hier lebend, war es wichtig, in dem Buch auch ihr Land vorzustellen. Beiträge etwa über musikalische oder künstlerische Traditionen, Koch- und Essgewohnheiten, Jahresfeste oder die identitätsstiftende Stickkunst zeugen vom kulturellen Reichtum und von der Vielfalt dieses Landes, das mit rund 40 Millionen Menschen knapp die halbe Einwohnerzahl Deutschlands erreicht, in der Fläche aber um vieles größer ist. Schließlich werden auch Initiativen vorgestellt, deren Ziel es war, Geld für die Ukraine zu sammeln oder auf andere Weise Solidarität mit dem Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer zu bekunden. Einige Initiativen und eine Präsentation des Vereins hat der PDUM beigesteuert, der zudem die Schlussredaktion sicherstellte.

Das Buch, 140 Seiten stark, ist in den Buchhandlungen in und um Darmstadt, auf den Friedensdemos und direkt beim Verlag Justus von Liebig (ISBN 978-3-87390-500-9) zu erwerben. Warum sollte man es kaufen? Man bekommt ein berührendes Zeitdokument, das Zeugnis ablegt von der großen Hilfsbereitschaft, die den Ukrainerinnen und Ukrainern in Darmstadt und Umgebung gewährt wurde. Zudem tut man ein gutes Werk, denn vom Verkaufspreis 20 Euro kommen 10 Euro einem Projekt der Kinder- und Jugendförderung in der Ukraine zugute.

Text: Claudia Ehry

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